Ebenen von Konflikten erkennen und nutzen

Männchen fegt Löwenzahnsamen

Wir bei KLARA orientieren uns u.a. am Denkmodell und Weltbild der prozessorientierten Psychologie, auch World Work genannt. Entwickelt wurde dieser Ansatz in den 80er Jahren von Arnold Mindell und baut sowohl auf den Naturwissenschaften als auch der Psychologie auf. Ganz besondere Bedeutung hat dabei die Quantenmechanik, welche dem Beobachter neue Bedeutung zuweist. Ein wesentlicher Aspekt dieses Konzeptes besagt, alles sei miteinander verbunden.

Alles ist miteinander verbunden

Betrachten wir Wasser, so erscheint es uns in verschiedenen Aggregatzuständen, fest, flüssig, gasförmig. In letzterer Version ist es oftmals gar nicht auszumachen für unsere Sinnesorgane. Vielleicht als Schwüle oder in gesättigter Version als sichtbarer Dampf. Jedoch wenn ein Eiszapfen aufgetaut ist, ist er vermeintlich weg. Stimmt jedoch nicht, das Wasser hat sich als Dampf aus dem Staub gemacht. Die Prozesspsychologie geht naturwissenschaftlich begründet davon aus, dass alles, absolut alles erhalten bleibt und im System wirkt. Jeder Gedanke, stellen Sie sich vor! Jede Absicht. Jede Form. Nur eben nicht immer erfassbar.

Die Idee von den 3 Ebenen der Wirklichkeit

Zugegeben, dieser Ansatz ist nicht gerade der Leichteste. Ich, Bärbel, habe lange gebraucht, bis sich in diesem für mich neuen Paradigma meine Wissenslandkarte entwickelte. Heute habe ich Pfade gefunden, aber noch lange nicht die gesamte Landschaft in ihrem Zauber erfasst. Das mag auch daran liegen, dass diese Art des Weltbildes sich erst zaghaft etabliert und nur ab und an durchbricht im Denken und Handeln.

Unterschieden werden folgende drei Ebenen von Wirklichkeit

  • Die Konsensebene
  • Die Emergenzebene
  • Die Essenzebene

Zollstock

Die Konsensebene ist i.d.R. für alle Beteiligten beobachtbar. Hier geht es ums Sehen, Hören, Messen und Beschreiben. Für eine Konfliktsituation bedeutet das, jemand schreit uns an. Oder schweigt in unsere Richtung. Schaut auf eine besondere Art, baut den Körper anders als gewohnt auf. Oder nimmt uns etwas weg, fasst uns an. Nachvollziehbar, oder? Der Begriff Konsens verweist darauf, dass es in unseren Systemen geschriebenen und ungeschriebenen Konsens darüber gibt, wie die Welt funktioniert und wir miteinander umgehen. Allerdings variieren diese Gesetze je nach Kultur, Zeitgeist, Alter, Lebensphilosophie. So drücken wir uns schnell einmal die Knöpfe im gesellschaftlichen Miteinander.

Auf der nächsten Ebene, jener der Emergenz (Emporsteigen, Auftauchen), fühlen wir, dass irgendetwas nicht richtig passt. Oder sich etwas ganz besonders einzigartig anfühlt. Wer dabei ist, weiß, worum es geht. Es lässt sich jedoch nur schwer in Worte fassen, i.d.R. greift eine Metapher. Diese Ebene ist, wie die Konsensebene, immer vorhanden und beschreibt das subjektive Erleben. Daher wird sie auch als Traumebene bezeichnet.

Filigrane Blüten sehen aus wie Tiere

Bei Nummer drei, der Essenzebene wird es nun richtig spooky. Diese wird auch als Prä-Emergenz beschrieben, was es zugegebener maßen nicht leichter macht. Ihre Qualität ist jene der Themen und Trends HINTER dem Vordergründigen. Es ist jene Ebene der großen Zusammenhänge, des All-in-Ones. Diese Zusammenhänge sind rational noch nicht erfassbar, sondern „ploppen“ auf, werden intuitiv erhascht. Auf einmal „riecht“ es nach Abschied. Oder Konkurrenz „steht“ im Raum. Oder aber Scheitern zeigt sich bei den Beteiligten als ein bisher tabuisierter gemeinsamer Nenner. Wer mit dieser Ebene Kontakt hat, stolpert quasi „per Zufall“ über einen Hinweis für eine Lösung, eine Aufgabe, die noch zu erledigen ist. In der Prozessarbeit spricht man auch von Quantenflirts, was mir sehr gefällt. „Was flirtet dich an?“ frage ich daher gern in meinen Begleitungen.

Seitdem wir uns übrigens mit dem Kreativen Aufstellen beschäftigen, ist diese Wahrnehmungsqualität in uns außerordentlich gewachsen. Recht häufig „stolpere“ ich geradezu über Tipps aus dem "Off". Es wächst unser Vertrauen, dass Intuition eine sehr bedeutsame Partnerin für den Verstand ist.

Welchen Nutzen hat dieses Konzept bei der Konfliktlösung?

Gute Frage, denn auf den ersten Blick wird Konfliktlösung nicht einfacher. Zum Trost, auf den zweiten auch nicht, aber ergiebiger.

Auf der Konsensebene lässt sich überprüfen, ob Dinge stimmen oder nicht. Sind wirklich 200 g Käse in der Packung oder wird gemogelt? Passen die Abgaswerte auch im Straßenverkehr oder nur in der Sondersituation des Labors? Werde ich im Job außen vorgehalten bei wichtigen Infos oder nicht? 

Auf der Emergenzebene wird es schon diffiziler. Regt es mich auf, dass ich mit Mogelpackungen übers Ohr gehauen werde oder lache ich mir eins? Verliere ich den Glauben an deutsche Wertarbeit oder lerne ich neue Strategien der Übervorteilung kennen oder gar schätzen? Fühle ich mich gemobbt oder erkenne ich, dass ich schon längst hätte etwas Neues wagen sollen, herzlichen Dank ans Große Ganze? Diese Tiefenstruktur von Konflikten braucht besonderen Zugang und Würdigung. Denn Konfliktlösung, die wirklich Neuanfang bieten will, ist möglichst frei von Anhaftungen an alte Geschichten. Nur auf der Sach-, d.h. Konsensebene eine Lösung erreichen zu wollen, greift i.d.R. zu kurz.

Außerordentlich spannend und i.d.R. am wenigstens genutzt ist die Essenzebene. Diese zeigt große Entwicklungen an. Zum Beispiel, dass ein Wirtschaftssystem, welches das Credo überstrapaziert, "Geht es der Wirtschaft gut, geht es Allen gut", seine Anhänger verprellt. Oder dass persönliche Schuldzuschreibungen und ausgemachte Sündenböcken nicht wirklich helfen bei einem sich immens veränderndem Markt. Und auch nicht akzeptabel sind in einer modernen Wertegemeinschaft. Manchmal lohnt es sich, das Scheitern, welches aufflackert, freundlich zu begrüßen. Und im Kontakt mit diesen Quantenflirts zu verstehen, welche neuen Tendenzen womöglich berücksichtigt werden wollen.

Papier mit dem Schriftzug Ideas

Deshalb lautet KLARAs Tipp an dieser Stelle:

„Überall geht ein frühes Ahnen dem späteren Wissen voraus“ (Alexander von Humboldt)

Jetzt sind Sie dran, pflegen Sie Ihre Intuition. Und nehmen Sie sich Zeit für die Betrachtung des Kniffeligen um Sie herum.

Der nächste Blogartikel lautet: Die Rolle als KonfliktbegleiterIn neu denken.

Übrigens, sehr gut unterstützt uns in diesem Thema folgende Literatur.

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