Führen – nein danke! Oder doch? Aber wie?

FührungspersönlichkeitWie funktioniert Führung eigentlich? Wer mag heute eigentlich noch Führung? Und wieso brauchen wir jetzt wegen Generation Y (und Z) eine andere Art von Führung?

Was ist Führung überhaupt? Im technischen Sinne eine Vorrichtung, damit etwas möglichst präzise bewegt werden kann. Beispiel: Führung von Schubladen beim Herausziehen. Oder die Führung eines Fahrzeuges – z.B. Straßenbahn – durch Schienen. Und so dient Führung von Menschen auch dazu, dass die Menschen „in der Spur laufen", also das machen, was Andere für sie ausgedacht haben. Typische Führung in diesem Sinne sind Anweisungen, Regelwerke, starre Projektpläne, Ausführungsbestimmungen, Zielvorgaben usw. Jeder kennt sie – und (fast) keiner mag sie. Sie engen ein, rauben Freiheiten und sind starr. Man schätzt sie nur in den seltenen Situationen, wo diese Regelungen, Anweisungen & Co. die eigenen Wünschen unterstützen oder wenn man ihnen „ein Schnippchen schlagen" kann – siehe z.B. die Berufsgruppe der Steuerberater.

Wann arbeiten Menschen gerne, sind engagiert dabei? Wenn Sie z.B. ein einem anderen Menschen unterstützen können, um auf dessen oder auf dem gemeinsamen Weg weiter voran zu kommen. Wenn die Aufgabe sinnvoll und wichtig erscheint. Wenn Menschen in Resonanz mit ihren Fragen, Wünschen, Ziele, Anliegen sind. Menschen arbeiten gerne für das Wohlergehen anderer Menschen – und des eigenen. Der persönliche Kontakt ist dabei wichtig. Menschen arbeiten gerne für andere Menschen (und Lebewesen), jedoch weniger für Institutionen, nicht greifbare Organisationen oder unpersönlichen Strukturen. Und Menschen arbeiten gerne für Menschen auf gleicher Augenhöhe, für ihresgleichen.

Alle Menschen sind gleich? Naja, im Film „Forrest Gump" sagt die Mutter zum Beinscheinen tragenden Sohn: „Wenn alle Menschen gleich wären, würden alle Menschen Beinschienen tragen." Wenn die Menschen nicht gleich sind, dann vielleicht „gleich wert"? Nö, passt offensichtlich auch nicht, da die Spreizung der Einkommen das Gegenteil zeigt. Gleichwürdig? Ja, das gefällt uns. Jeder Mensch ist einzigartig! Menschen sind – glücklicherweise – keine standardisierten Maschinen. Anweisungen, Regelwerke & Co. sind prima für Maschinen, aber bitte möglichst wenig für Menschen!

Zur Zeit wird viel geschrieben, dass die Generation Y einen anderen Führungsstil braucht. Nunja, wenn ich mir die Beschreibung der Generation Y ansehe, dann werde ich mit meinen 57 Jahren (Boomer-Generation) wieder ganz jung und fühle mich wie diese 30-Jährigen. Die Wünsche der Generation Y an (Zusammen)arbeit sind nun wahrlich nicht neu – latent gab es sie immer schon. Der Arbeitsmarkt hat sich nur geändert: Wer heute gute Leute haben möchte, muss auf deren Wünsche und Vorstellungen eingehen. Das ist neu!

Oft habe ich den Eindruck, dass man durch modernisierte Führung dafür sorgen möchte, dass die Generation Y doch bitte auch schön „in der Spur laufen" soll. Und selbstverständlich sollen die Führungskräfte auch weiterhin Führungskräfte bleiben. Gleichwürdigkeit ist da noch kein Thema.

Aber brauchen wir überhaupt Führungskräfte? Gut, das juristische Regelwerk sieht herausgehobene Positionen wie z.B. Geschäftsführer vor. Aber wenn die Wirklichkeit sich wandelt, wird mit großer Verspätung irgendwann auch der juristische Rahmen angepasst. Braucht eine Organisation für gutes Funktionieren – Erbringung eines Nutzen für die Gemeinschaft – eine Führung mit Anweisungen & Co.? Schon Management 3.0 mit Toyota als Beispiel zeigt, dass es anders geht: Teams entwickeln selbst mit allen Betroffenen ihr Regelwerk, ihre Prozesse und passen sie kontinuierlich an das sich verändernden Umfeld an. Statt Führungskräfte im obigen Sinne gibt es Personen mit koordinierender oder repräsentierender Funktion. Und Senseis/Lehrer, Personen, die sehr viel Erfahrung und Weisheit haben, und den Menschen als Leitfigur und Coach dienen. Senseis geben nur selten Antworten. Sie helfen den Beteilgten jedoch durch kluge Fragen, selbst die für sie passenden Lösungen zu finden.

Noch weiter gedacht – Management 4.0 –, kommt man dann als Führungsalternative zu u.a. Gedanken des Open Space. Im Open Space darf JedeR für sein Thema, sein Anliegen, seine Frage aufstehen und sie einbringen in die Runde. Manche Themen finden starke Resonanz, andere weniger. Und manchmal mag die Zeit einfach noch nicht – oder nicht mehr – reif sein für das Thema. Durch das „Gesetz der zwei Füße" ergibt sich: Die, die an dem Thema Interesse zeigen und zu der Session kommen, sind die Richtigen, die Engagierten.

Mit diesen Gedanken im Hintergrund hier eine kleine Sammlung zum erfolgreichen Nicht-Führen – unvollständig und darf gerne ergänzt werden:

  • Alle Menschen sind gleichwürdig!
  • Statt Anweisungen und Co. bitte gleichberechtigte Vereinbarungen auf Augenhöhe
  • Behandle dein Gegenüber so, wie du behandelt werden möchtest
  • Behandle dein Gegenüber, so wie er/sie behandelt werden möchte
  • Bevor etwas (als Regel oder Prozess) festgelegt wird, mache Experimente und vergleiche die Ergebnisse
  • Mache Betroffene zu Beteiligten
  • Sei für deine KollegInnen da und unterstütze deren Arbeit
  • Vordenken ist gut, Vorleben ist besser!
  • Stehe auf für dein von tief innen kommendes, persönliches Engagement, deine Werte
  • Respektiere (und wertschätze) den Anderen mit seinen Ideen, Bedürfnissen und „Macken"
  • Erlaube Anderen, dich zu unterstützen
  • Statt zu beurteilen, sei neugierig auf die Perspektive des Anderen. „Lass mich bitte verstehen, ..."
  • Fragen statt Sagen! „Wie können wir ..."
  • Hilf (durch Fragen), den größeren Zusammenhang immer wieder im Blick zu haben
  • Reflektiere regelmäßig, was einer Änderung bedarf
  • Übernehme die Verantwortung für dein Denken, deine Kommunikation, dein Handeln
  • Schaffe Transparenz

Dies kann JedeR praktizieren, nicht nur Menschen in Führungspositionen. Nutze diese Gedanken und du wirst für deine KollegInnen zu einem „Leuchtturm" des Miteinanders. Einem (beweglichen) Fixpunkt in der Zusammenarbeit, dass JedeR ein Stück weit mehr er oder sie selbst sein kann.
 

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