Kooperation – ein kunstvolles und empfindsames Geschenk

Vor ein paar Jahren habe ich – in der frühen Sonne das Tages – in Hannover vor dem Bahnhof auf meinen Zug gewartet. Zu Beginn war dieser Platz einfach ein leerer Platz. Doch auf einmal ging es los. Kooperation war angesagt. Aus Eisdiele und Café strömten Menschen, mit Stühlen in der Hand, Tische wurde gerückt, Schirme platziert, Aschenbecher und Co nett drapiert. Viele Worte schienen nicht von einem zum Andern zu wandern, die Sache gelang einfach. Hier wurde gerückt, dort gestellt, hier aufgebaut. Und plötzlich war sie da, die einladende Außengastronomie. Und für meinen ersten Cappuccino leider die Zeit zu knapp. Doch beeindruckt habe ich meine Beobachtungen abgespeichert als Beispiel gelingender Kooperation.

Wenn Rainer und ich für unsere Veranstaltungen Stühle rücken, Kabel verlegen, Materialien zurecht legen, läuft auch hier alles top aufeinander eingespielt. So ist das mit der Kooperation. Never change a running system! Erlebt und gelernt führt zu unbewusster Kompetenz – oftmals des Gelingens.

Das ist wichtig, z.B. beim Segeln auf rauer See, im direkten aber auch übertragendem Sinne. Hier müssen die Handgriffe sitzen und klar sein, wer nun was entscheidet. Wann ist Zeit, um den Kurs zu diskutieren? Wann eher schnelle Tat gefragt und stillschweigendes Akzeptieren der Vorgaben. Wann auch wird der gemeinsame Raum aufgespannt und aus der Begegnung eine besondere Idee geboren, sozusagen aus dem gemeinsamen Spirit heraus?

Wenn wir zu unserem Job gerufen werden, ist oftmals der Wurm drin im Miteinander unserer Kunden. Absprachen klappen nicht, irgendwie hakt es, Spannungen sind spür- und ab und an auch hörbar.

Wie genau gelangen Menschen zu mehr Kooperation?

Das sind Fragen, die uns beschäftigen, (nicht nur) wenn wir unsere Arbeit machen. John Whitemore, Grand Seigneur des Coaching, benennt 3 Zustände, die Teams /Gruppen immer wieder durchlaufen:

  1. Die Bereitschaft, andere zuzulassen im Team (oder auch die Bereitschaft, einem Team zugehören zu wollen). D.h. es wird (unbewusst) verhandelt, ob jemand dazu gehören darf oder nicht.
  2. Die Phase des Konkurrierens und Aufzeigen der persönlichen Kontur, des persönlichen Standpunktes. Hier zeigen sich die Teammitglieder - ebenfalls i.d.R. unbewusst - in ihrem Selbstverständnis, ihrer Kompetenz. Keiner will in der Gruppe untergehen und ungesehen bleiben. Einige nutzen dies stärker als Andere. Was wiederum eine Dynamik fürs Miteinander beinhaltet.
  3. Die Phase gelingender Kooperation, ist jene, bei der gemeinsam auf anvisierte Ziele geschaut und an den Schnittstellen für eine zielwirksame Zusammenarbeit geachtet wird. Wohlwollend werden Handlungen und Standpunkte der Mitwirkenden verstanden als Zutat für das kreative Gespräch und Tun. Keiner wird reduziert auf seinen Beitrag, sondern der Impuls an sich begrüßt. Und das entstandene „Neue“ als ein Produkt aller gefeiert! Konkurrenzen und Befindlichkeiten haben dann keinen Raum.

Wenn es stolpert …

… liegt der Fokus nicht mehr auf dem gemeinsamen Ziel und Anliegen. Schutzmechanismen haben Einzug gehalten. Auf einmal wird argwöhnisch beäugt, ob es noch gerecht zugeht, was der / die andere macht, ob die inhaltliche Seite haltbar ist. Schwächen im Anderen werden registriert und hochgehalten. Eventuell wird innerlich mit Abstand die Entscheidung des Anderen in Zweifel gezogen.

Das ist – siehe oben – normal, wenn auch nicht schön! Nur besser, wenn dies kommuniziert werden kann. Doch das sind wir nicht gewöhnt und am Arbeitsplatz hat dies oft keinen Raum.

Missverständnisse sind jedoch der Beginn, dem Misstrauen, Distanz, Parteienbildung und verdeckte bzw. offene Konfliktentwicklung folgen können. Wenn kein Ausweg gelingt, sind Resignation, Kampf und im schlimmsten Falle gegenseitige Verletzung die Folge, Hauptsache, der Konfliktpartner nimmt mehr Schaden als man selbst. An Kooperation ist schon lange nicht mehr zu denken, ggf. noch falls die Existenz gefährdet wäre. Und wenn es doch einen Weg zurück gibt, dann ist der langwierig und schwer. Zu sehr ist die Wahrnehmung auf Gefahr gepolt und kleinste Regungen werden im als gefährlich markierten Bedeutungsrahmen erneut als Beweise für das Fiese im Anderen gewertet.

Kooperation braucht Aufmerksamkeit und Pflege!

Denn dort, wo die Aufmerksamkeit ist, ist die Energie. D.h. wer darauf achtet, dass nicht nur das WAS der Zusammenarbeit klappt, sondern auch auf das WIE im Miteinander blickt, kommt voran auf dem Weg zur Magie des Gelingens im Miteinander. Wer sich gesehen fühlt, wer sich mitteilen kann (ohne in Bauchnabelschau zu verfallen, sondern der Rolle angemessen), der hat weniger das Bedürfnis, dazwischen fahren und Prozesse blockieren zu  müssen. Wir Menschen sind soziale Wesen und brauchen Raum für Ausdruck und Anerkennung. Das gehört zu uns und zu unserer gesunden Entwicklung. Also, warum schaffen wir nicht „artgerechte“ Bedingungen fürs Miteinander, damit wir gemeinsam kreativ funken können?

Wertschätzung, Vertrauen, Feedback, Wohlwollen …

… das sind einige wichtige Zutaten, die man sich erschaffen muss und nicht verordnet werden können. Im IT-Bereich, wo vermehrt mit Agilen Teams gearbeitet wird - um hohe Flexibilität, Kundennähe und schnelle Ergebnisse zu ermöglichen - sind genau derartige Reflexionen vorgesehen. Im Rahmen von etablierter Struktur. Was dort geht, kann auch woanders gehen!

Die Pflege vom Miteinander ist kein Luxus, sondern gehört zu den Basics gesunder und kreativer Kooperation. Und ist ein wichtiger Gelingfaktor, nicht nur für eine erfolgreiche Firma.

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