Schulen – Orte der Freude und des Miteinanders?

HandabrückeUnsere gestrige Stadtwanderung (ca. 4½ Stunden) führte uns direkt von der Haustür weg durch den Bielefelder Osten, über die Promenade, zum Ortsteil Bethel, über den Teuto, mit Cappuccino im Landhotel „Bielefelder Höhe“ und wieder zurück über einen Panorama-Wanderweg und durch kleine Nebenstraßen in den Biergarten der „Hammer Mühle“. Die Route war weitgehend identisch mit der Lust-auf-Zukunft-Wanderung 2013.

Als erstes besuchten wir den bis dato uns ganz unbekannten Lagerflohmarkt von Ruempelstilzchen in unmittelbarer Nähe und erfreuten uns an liebevoll ausgestellten Dingen des alltäglichen Lebens. Zeitreise inbegriffen staunten wir über diesen ästhetischen Fleck unserer Stadt.

Später kamen wir an einer kleinen Grundschule vorbei, die Fenster mit farbigen Handabdrücken dekoriert, kleine bunte Stühle auf den Tischen wartend auf die kleine Bande, welche nach den Sommerferien hier wieder Neues lernen darf.

Was wäre wenn … so durchzuckte mich der Gedanke … wenn Schulen keine Orte mehr wären der „Formung“, „Bewertung“, gar „Kränkung“ und „Disziplinierung“, sondern Stätten der Entfaltung und Lebensfreude? Was wäre, wenn alle zusammen an diesem Orte, Lehrende und Kinder, mit Freude spannende Dinge lernten und gemeinsam Spaß an den Entdeckungen hätten? An Konflikten wachsen würden? Und jedeR freut sich darauf, dass endlich die Ferien vorbei sind?

Dass so etwas funktioniert, dafür gibt es mittlerweile viele Hinweise. Und letztendlich wissen wir doch alle nur selbst zu gut, dass, wenn Interesse, Freude, wertschätzendes Miteinander und Spaß dabei sind, wir ganz nebenbei und mit Leichtigkeit lernen! Seitdem ich NICHT mehr zur Schule gehe – und das ist ja nun eine lange Zeit her, erlebe ich das häufig! In meiner Berufsausbildung in den 70ern, in der Inhalte etwas mit der Praxis zu tun hatten, in meinen unzähligen Fortbildungen, die ich später besuchte und immer wieder gern besuche, in unseren eigenen Fortbildungen, die wir mit so vielen wunderbaren Menschen erleben und gestalten durften und dürfen.

So habe ich aktuell die Geschichte eines jungen Lehrers im Ohr, den ich vor einigen Wochen erlebte. Als Mathematiklehrer einer Gesamtschule gestaltet er seinen Unterricht oftmals wie folgt: Er stellt ein mathematisches Problem in den Mittelpunkt, fragt „Hey, Leute, was müssen wir tun, damit wir dieses lösen können?“ und entwickelt mit den SchülerInnen gemeinsam die nächsten Schritte für die kommenden Stunden. Wenn da nicht (fast) alle motiviert sind, dann weiß ich es auch nicht.

Also, Schulen als ein Ort der Freude, Begegnung und gemeinsamen Entfaltung bräuchten mehr hiervon …

  • Lehrende, die keine Angst vor SchülerInnen und Inhalten haben, die sich verbunden fühlen mit den Lernsituationen und ebenfalls die Freude am Entdecken erhalten haben

  • eine Kultur des Miteinanders, des Austauschens und Lernens und Entdeckens im Team

  • Freiräume zum Ausprobieren

  • Raum für Projekte und Experimente, z.B. Buch- oder Filmprojekte

  • BegleiterInnen (ehemals LehrerInnen), die sich selbst zur Disposition stellen, sich reflektieren und darum wissen, dass sie als Mensch die Grundintervention jeden Lernens und Entwickelns sind. Be the difference!

  • BegleiterInnen, welche Anerkennung und Wertschätzung zum Ausdruck bringen, mit Herz und Freude den Menschen an dieser Einrichtung begegnen, die lachen und sich freundlich auf die Schulter klopfen

  • Räume, welche wertschätzend Nischen bieten für Bedürfnisse der kleinen und großen Menschen nach Ruhe, Bewegung, Anregung, Dialog, Pause, Entspannung, Experimentieren, Gestalten, Darstellen, Lernen im Team …

  • eine Haltung, welche Vielfalt nicht nur duldet, sondern lebt und willkommen heißt! Und um Beschämung weiß und diese nicht duldet

Ach, was wäre es wunderbar, wenn sich mehr und mehr die Erkenntnisse durchsetzen würden, dass die Zeiten der wilhelminischen Lehranstalten vorbei und Schulen lebendige Vorbereitungsorte auf das Leben sind, vielleicht sogar Orte des generationsübergreifenden Lernen? Denn, das wissen wir heute, wir brauchen uns in unserer Vielfalt mit all unseren Potenzialen und Möglichkeiten für kluge Ideen unseres Zusammenlebens. Vorbei das Zeitalter des Ausbeutens und Gewinnens vor Verlieren. Leben in Vielfalt, nicht nur bezogen auf Inklusion an unseren Schulen, sondern auch in unserer Stadt, mit den Menschen aus aller Welt, welche hier ihre Zukunft finden möchten.

Ja, wir wissen, das liebe Geld … doch frau darf doch mal spinnen dürfen? Vor lauter Sparzwang sollte die Richtung nicht in Vergessenheit geraten. 

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