WdM 8: Management-Modell und Experiment

Tanz mit dem WandelIm achten und letzten Teil dieser Reihe an Blogbeiträgen zum Wandel des Managements geht es ergänzend zum Geschäftsmodell um das Management-Modell eines Unternehmens. Und als Abschluss: Wenn Sie nun all dies gelesen und hoffentlich auch verstanden haben – wie geht es konkret für Sie weiter? Was machen Sie nun damit?

Geschäfts- und Management-Modell

In den meisten Unternehmen ist das Geschäftsmodell bewusst geplant und allen (mehr oder weniger) bekannt. Das Geschäftsmodell besteht z.B. aus dem Was und Wie und dem Ertragsmodell. Es wird darin der Prozess der Wertschöpfung beschrieben.

Aber was ist mit dem Management? Wie wird das Unternehmen gesteuert? Wie funktioniert die Zusammenarbeit der Beteiligten? Wer entscheidet wie über was? Wer macht welche Vorgaben, setzt welche Rahmen? Eine bewusste Auseinandersetzung mit dem Management-Modell eines Unternehmens wäre wünschenswert.

Julian Birkinshaw von der London Business School, Management Innovation Lab, stellt – analog zu Theorie X und Y – Management traditionell und alternativ gegenüber:

  Traditionelles Management
(Management 1.0 & 2.0)
Alternatives Management
(Management 3.0 & 4.0)
Koordinierung durch Bürokratie Emergenz
Entscheidung per Hierarchie kollektiver Intelligenz
Motivation der Beteiligten extrinsisch intrinsisch
Ziele definieren im Gleichklang „Schiefstand“

Mit „Koordinierung durch Bürokratie“ meint Birkinshaw, dass zunächst im Büro (von Experten) gründlich geplant, dies dann irgendwann von (anderen Experten) realisiert wird. Also die übliche Form der Planwirtschaft im Unternehmen.
„Koordinierung durch Emergenz“ (Entstehung) ist schon schwerer zu verstehen. Schwarmvögel wie z.B. Stare oder auch manche Fische können wunderbar gemeinsam die verrücktesten Formationen fliegen bzw. schwimmen – ganz ohne Planung, ohne Dokumentation. Und doch ohne Kollisionen. Dafür reichen schon wenige, recht einfache Regeln. Menschen sind zwar keine direkten Schwarmtiere, aber wenn man sich den Verkehr an manchen Kreuzungen in Schwellenländern ansieht, bekommt man eine Idee, was mit Emergenz gemeint ist: Der dichte Verkehr fließt auch ohne strikte Planung oder Regelwerk erstaunlich gut und sogar (meistens) unfallfrei. Oder ein anderes Beispiel: Wahrscheinlich haben Sie auch schon (in jungen Jahren) tolle Feiern/Feten miterlebt, wo nichts groß geplant wurde. Jeder brachte einfach was mit, zu essen oder trinken. Und vielleicht hatte auch eineR noch eine Gitarre dabei. Ein paar Freunde kamen vielleicht mit ihrem Grill und Würstchen. Alle sahen sich als gleichwertig an und versuchten sich gegenseitig und auch das Umfeld zu respektieren – solange der Alkoholpegel dem nicht im Wege stand.

„Entscheidung per Hierarchie“ kennen wir Alle: Der Vorgesetzte muss irgendwas entscheiden oder für irgendwas sein Okay geben.
„Entscheidung per kollektiver Intelligenz“ setzt auf Partizipation: Die Betroffenen/Beteiligten diskutieren die Optionen und entscheiden selbst gemeinsam.

Die Gegenüberstellung der Motivation hatten wir ja auch schon genauso bei Theorie X und Y – deswegen hier auch die gleichen Farben für den Tabellen-Hintergrund.

„Ziele definieren im Gleichklang“ meint, dass alle Mitarbeiter des Unternehmens hinter dem Ziel stehen sollen. Alle sollen am gleichen Strick ziehen. Im gemeinsamen Takt synchron in die gleiche Richtung rudern.
Ja, aber warum eigentlich? Ist doch gar nicht nötig: Der Arbeiter am Fließband möchte vielleicht einfach nur gute Arbeit machen und dafür Anerkennung und Wertschätzung erfahren. Die Geschäftsleitung möchte Gewinn erwirtschaften, das Unternehmen stabilisieren und es fit machen für zukünftige Herausforderungen. Die Entwickler möchten Produkte konstruieren, die beim Kunden Begeisterung auslösen. Die Ziele der einzelnen Gruppen oder sogar Menschen mögen verschieden sein – und dennoch tragen alle gemeinsam zum Erfolg des Unternehmens bei. Das ist hier mit „Ziele definieren im Schiefstand“ gemeint.

Eine bewusste Auseinandersetzung mit dem Management-Modell des Unternehmens kann dazu führen, dass man viele alte Regularien und Strukturen gar nicht (mehr) braucht, um das Ziel guter, produktiver Zusammenarbeit zu erreichen. Vielleicht ist auch Ihr Unternehmen schon reif, Kontrolle weiter zu reduzieren und stattdessen das Vertrauen in die Mitarbeiter und die von ihnen geprägten Prozesse zu vergrößern. Und vielleicht kann so langsam ein neues Bild von Ihrem Unternehmen entstehen: statt eines mechanistischen Bildes nun vielleicht das Bild eines lebendigen, biologischen, fluiden Unternehmens. Es ist mehr möglich, als Sie vermutlich denken …

Und vielleicht ist Ihr Unternehmen auch schon so weit, sich von der unternehmensinternen Planwirtschaft mit Budgets und festen Strategien zu lösen – den festen, vorgegebenen Grenzen des Handlungsspielraums. Und stattdessen gleichzeitig zu handeln und zu steuern nach Konzepten wie Beyond Budgeting.

Aufforderung zum Experiment

Die Grundlagen unseres heutigen Managements wurden in den 1920er-Jahren gelegt. Deutschland war damals noch ein Kaiserreich. Mit der Weimarer Verfassung wurde 1919 Deutschland zum ersten Mal eine Demokratie. Heute sucht man vielfach nach Ergänzungen oder Alternativen zu der als etwas verkrustet empfundenen parlamentarischen Demokratie. In den Unternehmen ist demokratisches Gedankengut aber auch heute noch keineswegs selbstverständlich. Stärkung der Selbstorganisation bzw. Management 3.0 und 4.0 führen jedoch bei Entscheidungsbefugnissen weg von der Hierarchie und hin zur Heterarchie bzw. Adhokratie.

Unser Leben ist sehr viel komplizierter und teilweise auch komplexer geworden. Und gleichzeitig stehen uns dank Internet und Tim Berners-Lee vom CERN Informationen in einer gigantischer Fülle zur Verfügung. Kommunikation und Interaktion sind vielfältiger und schneller geworden.

Die Herausforderungen für die Zukunft sind immens. Ein „weiter so“ wie bisher funktioniert nicht. Ersatz-Erden, für den Fall, das wir Menschen unsere menschliche und gesellschaftliche Lebensgrundlage zerstört haben, gibt es nur im Vorspann des Heute-Journal im ZDF, nicht in der Realität.

Wir Menschen entwickeln uns weiter, ebenso unsere technischen Produkte, auch unsere Dienstleistungen. Ich möchte Sie einladen, auch das Management weiter zu entwickeln, die Art, wie Sie in Ihrem Unternehmen zusammen arbeiten.

Dass es uns Menschen im Allgemeinen heute so gut geht, verdanken wir zu einem großen Teil der Wissenschaft, der offenen Gemeinschaft von Forschern, Theoretikern und Experimentatoren. Also holen Sie den Forschergeist in Ihnen hevor und seien sie neugieriger, staunender Beobachter Ihres Unternehmens, seiner Prozesse, der mitwirkenden Menschen, überprüfen Sie Ihre Wahrnehmungen, vergleichen Sie sie mit den Beobachtungen Ihrer anderen Forschern in Sachen Unternehmensentwicklung. Schauen Sie respektvoll auf die mitwirkenden Menschen, hören Sie ihnen aufmerksam zu. Geben Sie den mitwirkenden Menschen den (sicheren) Raum, den sie brauchen, ihr Potenzial zu entfalten.

Wir von Lust auf Zukunft wünschen, dass Menschen in Unternehmen auf eine wertschätzende und konstruktive Weise zusammen arbeiten – und es ihnen Zufriedenheit, ja vielleicht sogar Freude bringt. Arbeitet kostet uns so viel Zeit unseres Lebens. Wir arbeiten schließlich, um zu leben – und nicht umgekehrt. Wir hoffen, dass Unternehmen mehr Management 3.0 und höher nutzen, mehr Freiheit, mehr demokratisches Gedankengut, mehr Selbstorganisation für alle Mitwirkenden in einem Unternehmen. Freiheit – individuell und als Team – und gute, produktive Zusammenarbeit: Beides zusammen ist möglich!

Wie kommen Sie nun z.B. von Management 2.0 zu Management 3.0? Die große Revolution? Oder – wie früher manchmal bei der Einführung von Lean Management empfohlen – durch 5S, also Sauberkeit, klare Ordnung und Disziplin kombiniert mit scharfen Kontrollen?

Der bewusste Wandel hin zu Management 3.0 und 4.0 ist schrittweise möglich: Setzen Sie einen entsprechenden Rahmen für ein Experiment und nutzen Sie dann für einen kleinen Pilot-Bereich die Denk- und Handlungswerkzeuge von Management 3.0 und 4.0. Respektieren Sie, dass es dann dort eventuell anders funktioniert als bisher und als erwartet. Vergleichen Sie schließlich die Ergebnisse: in Zahlen, bei der Zufriedenheit und auch beim Lernen als Team bzw. Organisation. Ändern Sie nicht einfach irgendwas, weil es gerade modern ist oder ein Experte oder Guru es empfohlen hat. Bleiben Sie ein neugieriger, respektvoller Forscher – machen Sie begrenzte Experimente, verbessern Sie diese und überprüfen Sie deren Ergebnisse! Und erst wenn es sich bewährt hat, übertragen Sie das Neue gegebenenfalls auf andere Bereiche.

Okay, ich bin Physiker. Und als solcher hatte ich schon immer ein Faible für Experimente. Als Physiker setzte ich die Bedingungen des Experimentes. Bei den hier gewünschten Management-Experimenten werden jedoch die Betroffenen zu Beteiligten und der Experimentator zum Teil des Experimentes – das klingt doch schon wieder sehr vertraut nach moderner Physik …

Wir brauchen Management-Experimente. So weiter machen wie bisher, wird nicht funktionieren. Es gibt nicht den einen richtigen Weg. Wir gestalten die Zukunft während wir handeln und gleichzeitig steuern. Es macht Sinn, auf diesem unsicheren Weg in die Zukunft nicht alles auf eine Karte zu setzen, sondern besser vorsichtig per Experiment neue Wege zu erkunden.

Dürfen wir Sie einladen, neue Management-Wege zu erproben? Wie Sie sich wahrscheinlich schon denken können, unterstützen wir von Lust auf Zukunft Sie gerne dabei:

  • beim Finden der passenden Experimentierfelder
  • beim Setzen des Rahmens für begrenzte Experimente
  • bei der Wahl und Anwendung der passenden Methoden
  • bei Verbesserung der Experimente
  • bei der Auswertung der Experimente
  • bei der Ausweitung des Neuen auf andere Bereiche
  • bei der kontinuierlichen Verbesserung des Neuen
  • bei der Retrospektive – dem Lernen aus der Erfahrung
  • ...

So, nun mache ich dann mal Schluss hier mit dem Wandel des Managements – es würde mich freuen, wenn man sich mal sieht, hört oder liest, liebe Leserin, lieber Leser. Kommentare sind willkommen …

Als eBook ab 26. März ...

Die Serie an Blogbeiträgen wird in einem kompakten eBook (PDF, EPUB, MOBI) zusammen gefasst und zum Download angeboten.

Übersicht und Infos zu dieser Blog-Reihe Wandel des Managements

Zurück